Fahrzeugmodell Tw 810 Melbourne  
     
  Vierachsiger Triebwagen Type SW5 Nr. 810 der Melbourner Straßenbahn MMTB (Melbourne & Metropolitan Tramways Board)

Ein Beitrag von Patrick Hollmann (FSK e.V.)
 
     
  Das Vorbild

125 Triebwagen der Type W5 wurden in den Jahren 1935 - 1939 von den Werkstätten des MMTB gebaut. 1939 / 40 wurden 10 fortentwickelte Wagen der Type SW5 gebaut. Sie unterschieden sich von den W5 durch das Vorhandensein von Schiebetüren anstelle von Leinenvorhängen und die Anordnung von nur zwei statt drei Einstiegsöffnungen. Diese Wagen waren der Beginn einer großen Beschaffungsphase, während der sich die beschafften Wagentypen SW5, 6 und W7 (insgesamt 325 Triebwagen) kaum unterschieden. 1956 wurden zwei, 1983-86 83 W5 in SW5 umgebaut. Diesen Lebensweg hat auch der Triebwagen 810 (Baujahr 1937) hinter sich, der 1984 umgebaut wurde. In der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre wurden außerdem bei allen Straßenbahnwagen in Melbourne Brems- und Schlussleuchten, die sog. tail-lights, eingebaut.

Nach den W7 trat dann eine lange Beschaffungspause ein, bis die Großraumwagen der Type Z1 und Z2 auf der Bühne auftraten. Deren Weiterentwicklung bzw. Nachfolger der Typen Z3 (Comeng 1979-84), bzw. A (Comeng 1984-87, die letzen Wagen mit Rollenstromabnehmern) und B (Comeng 1984 - ca. 1990, die ersten Gelenkstraßenbahnwagen) fahren übrigens auf DUEWAG-Drehgstellen.

Bis ins Jahr 2000 wurden die Wagen, wie auch alle moderneren, mit Pendelschaffnern oder Sitzschaffnern betrieben. Dann erfolgte die Privatisierung des Tramnetzes, dessen Aufteilung auf zwei Gesellschaften und wenig später erneute Zusammenführung unter der Gesellschaft Yarra Trams.

In den letzten Jahren wurden durch die Ablieferung von Niederflurwagen (Alsthom Citadis und Siemens Combino) die W-Typen zunehmend überflüssig, und man begann, sie abzustellen.

Dass die Wagen der Typen (S)W 2 - 7 das Bild der Melbourner Straßenbahn jahrzehntelang prägten, hat sich offensichtlich auch bei der örtlichen Autorität herumgesprochen. Waren die Wagen der Type W 2 bzw. SW 2 bis 1987 noch ausgemustert und dann verkauft (Wagen der Type W2 laufen z.B. bei verschiedenen Heritage-Trolleys in den USA!) oder - meistenteils - verschrottet worden, so wurde die Aussonderung der Typen (S)W 5, 6 und 7 durch eine ganz eigenartige Entwicklung überschattet: Der National Trust stellte sie alle (!) unter Denkmalschutz und schloss eine Verschrottung, aber auch einen Verkauf damit aus! Die Stadt Melbourne mietete daraufhin eine leerstehende Drahtfabrik an und stellte die Fahrzeuge (etwa dreihundert (!) an der Zahl) darin unter. In jüngster Zeit (2004) mehren sich Meldungen über Wiederinbetriebnahmen, nun mit Einholmstromabnehmern ausgerüstet.
 
     
     
  Das Modell

Nachdem bereits das selbstgebaute Modell des Osloer Wagens als Vertreter eines der nördlichsten Straßenbahnbetriebe der Welt vorhanden war, wurde der Verfasser auf die Weißmetallbausätze der Firma Weico aufmerksam, die diverse Wagentypen nach Melbourner und Sydneyer Vorbild als 1:87-Bausatz anbietet und somit den wohl südlichsten Trambetrieb des Globus abdeckt. In Zusammenbau und Verfeinerung von Bec-Kits-Bausätzen durchaus nicht ungeübt, nahm ich die Herausforderung an und bestellte gleich drei der - zu dem Zeitpunkt wechselkursbedingt recht preisgünstigen - verschiedenen Bausätze, deren erstes Resultat das Modell des Tw 810 ist.

Die Weißmetallteile wurden nach Bauanleitung versäubert und miteinander verlötet. Das Dach erwies sich als etwa vier Millimeter zu lang und musste entsprechend in der Mitte gekürzt werden. An einer Stelle wurde allerdings eine entscheidende Änderung vorgenommen: Die Bauanleitung empfiehlt, die Führerstandsdeckenteile auf den Führerstand fest aufzukleben - mit dem Resultat, dass er dann nicht mehr von außen zugänglich wäre, um etwa nach der Lackierung die Fenster einzusetzen oder entsprechendes Fahrpersonal an seinen Arbeitsplatz zu geleiten. Daher habe ich die Führerstandsdecken nur passend aufgelegt und das Wagendach ausschließlich mit diesen beiden Teilen verklebt. Dies ergibt eine sehr gute Halterung und Führung des gesamten Daches, so dass es mit dem Wagenkasten nicht verklebt werden muss und alles somit abnehmbar bleibt. Man wird sich aber noch eine Schraubverbindung zusätzlich ausdenken.

Zusätzlich wurden noch Griffstangen, Sicherungshaken und -bügel für die Stangenstromabnehmer und Dachaufstiegstritte ergänzt. Die Lackierung ist auf die beiliegenden Nassschieber, die die Zeit ab 1984 nachbilden, abgestimmt in hellgelb/saftgrün mit braunem Dach gehalten. Die beiliegenden Fahrtziele bestanden dagegen lediglich aus einer Fotokopie auf Papier, die nicht nur relativ unleserlich, sondern auch viel zu groß für den Zielschildkasten war. Liniennummern lagen gar nicht bei. Diese Teile der Beschriftung entstanden daher selbst am PC nach umfangreichem Studium von Netzplänen und Fotos völlig neu. Sie wurden auf Decalfolien von Bare-Metal-Foil Co. mit Hilfe eines herkömmlichen Laserdruckers ausgedruckt und dann wie ganz normale Nassschieber verarbeitet. Nach dem Versiegeln mit Seidenmatt-Klarlack wurden die Fenster mit den beiliegenden "Verglasungs"-Materialien hinterlegt und Scheinwerfer und Schlussleuchten farblich hervorgehoben. Einen Antrieb und Beleuchtung besitzt das Modell (noch) nicht...
 
     
     
  Literatur

Cross, Norman; Budd, Dale; Wilson, Randell: „DESTINATION CITY“ - Melbourne's Electric Trams,
                                                                  Transit Australia Publishing, Sydney 19935.

Straßenbahnmagazin: Diverse Ausgaben.