Chronik der Kieler Straßenbahn | Die Straßenbahn in der Wik | Die Straßenbahn in der Holstenstraße
Chronik der Kieler Straßenbahn
     
  Zum 100-jährigen Jubiläum der Elektrischen

Ein Beitrag von Jürgen Branat (FSK e.V.)


Am 12. Mai 1996 jährte sich zum 100. Mal die Geburtsstunde der elektrischen Straßenbahn in Kiel. Gleichzeitig wurde der noch junge Stadtteil Wik an das Straßenbahnnetz angeschlossen.

Fünfzehn Jahre vorher, am 9. Juli 1881, verkehrte die erste Pferdebahn. Es war der Anfang einer linien- und fahrplanmäßigen Personenbeförderung in Kiel. Einzelne Unternehmer hatten zwar um die Wende des 18. Jahrhunderts begonnen, das allmähliche Verkehrsbedürfnis mit Pferdedroschken zu befriedigen, aber erst mit Vertragsschluss vom 18. Dezember 1880 zwischen der Stadt Kiel und der Firma Erlanger & Söhne aus Frankfurt/Main über die Konzession zum Bau einer Pferdebahn wurde der Grundstein für ein öffentliches Nahverkehrsmittel gelegt. Man gründete die „Kieler Straßen-Eisenbahn-Gesellschaft“ und übertrug ihr den Betrieb der Bahn.

Die erste Pferdebahnlinie verkehrte zwischen Rondeel (hier entstand auch der erste Betriebshof) und Schlossgarten. Die Spurweite betrug 1100 mm, die Linienlänge 3,2 km. Schon im August 1881 wurde die zweite Teilstrecke über Fleethörn, Muhliusstraße, Brunswiker Straße zum Markt und die dritte Teilstrecke zur Seebadeanstalt eröffnet. Dieses Netz von rund 6,6 km wurde 9 Jahre lang befahren. Mit Erweiterungen nach Meltz' Biergarten (spätere Holstenbrauerei) über die Holtenauer Straße und zur Waldwiese wurde 1892 die größte Ausdehnung des Pferdebahnnetzes mit 7,2 km erreicht. Der Fahrpreis betrug je nach Entfernung 10 bis 20 Pfg.

1894 erhielt die AEG den Auftrag, die Pferdebahn auf elektrischen Betrieb umzustellen. Nach der Übernahme durch die „Allgemeine Lokal- und Straßenbahngesellschaft , Berlin - Betriebsverwaltung Kiel“ am 1.1.1895 konnte dann am 12. Mai 1896 die Hauptlinie zwischen Waldwiese und Belvedere elektrisch betrieben werden. Noch im gleichen Jahr wurden die Ringlinie und die Düsternbrooker Linie umgestellt.
Das immer größer werdende Netz erforderte auch mehr Fahrzeuge. So musste 1900 ein weiteres Depot mit einem eigenen Kraftwerk in Betrieb genommen werden, das in Gaarden entstand. Das Netz wurde 1901 um die Gaardener Linie vom Bahnhof zur Augustenstraße und der Wellingdorfer Linie von der Fährstelle Wilhelminenhöhe nach Wellingdorf erweitert.

Durch die Erklärung Kiels zum Reichs- und Kriegshafen wuchs die Stadt wirtschaftlich stark an. Damit verbunden war ein starker Bevölkerungszuwachs. Um dem damit steigenden Verkehrsbedürfnis Rechnung zu tragen, wurde das Straßenbahnnetz weiter ausgebaut. Unter anderem verlängerte man am 15. Juni 1908 die nun als Linie 1 bezeichnete Hauptlinie von Belvedere bis zur Knorrstraße.

1910 existierten bereits 8 Linien:
Linie 1: Waldwiese - Hbf. - Markt - Brunswiker Str. - Holtenauer Str. - Knorrstr.
Linie 2: Hbf. - Ringstr. - Knooper Weg - Waitzstr. - Schloßgarten - Hbf. (Ringlinie)
Linie 3: Eichhof - Exerzierplatz - Neumarkt - Bootshafen - Seebadeanstalt
Linie 4: Neumarkt - Hbf. - Kaistr. - Gaardener Str. - Karlstal - Kaiserstr.
Linie 5: Fähre Wilhelminenhöhe - Kaiserstr. - Werftstr. - Wellingdorf
Linie 7: Neumarkt - Schloßgarten - Brunswiker Str. - Holtenauer Str. - Belvedere
Linie 8: Neumarkt - Bahnhof - Kaistr. - Karlstal - Werftstr. - Wellingdorf
Linie 9: Calvinstr./Kirchhofallee - Hbf. - Schloßgarten - Feldstr./Esmarchstr.

Am 1. August 1908 wurde in der Wik der dritte Betriebshof der Straßenbahn eröffnet. An der Hohenrade entstand auf 6810 m² eine 6-gleisige Wagenhalle. Von hier aus wurden die Wagen auf den Linien 1, 2, 3, 4 und 8 eingesetzt.

In den Folgejahren wurden die meisten Linien noch verlängert: Die Linie 2 fuhr jetzt zur Reventloubrücke, die Linie 3 bis Niemannsweg, die Linie 9 bis Hassee und die Linie 1 bis Schulensee. Die Linie 7 erhielt einen neuen Linienweg vom Neumarkt zum Kleinbahnhof.
Damit war bis zum Beginn des 1. Weltkrieges 1914 ein Liniennetz von rund 40 Kilometern entstanden, das praktisch dem heutigen Grundnetz entspricht. Neben dem Ausbau der Anlagen wuchs auch der Wagenpark auf 122 Trieb- und 29 Beiwagen an. Zwar wurde 1915 die Strecke Wilhelmplatz - Hasseldieksdamm der Linie 7 fertiggestellt, 1925 noch die Linie 1 von der Knorrstraße zum Nord-Ostsee-Kanal sowie 1935 die Linie 9 zum Düvelsbeker Weg verlängert. Damit war aber die Aufwärtsentwicklung praktisch beendet.

1939/40 wurde der Wagenpark noch einmal modernisiert und verstärkt. Der Betriebshof Wik wurde zu klein, und so erweiterte man ihn noch um eine 8-gleisige Wagenhalle.

Der 2. Weltkrieg machte auch der Straßenbahn schwer zu schaffen. 7% der Gleisanlagen wurden durch die Bombenangriffe völlig unbrauchbar, die Fahrleitungsanlagen wurden vollständig vernichtet und im Wagenpark waren 38 Totalverluste und ca. 880, zum Teil schwere, Beschädigungen zu verzeichnen. Durch diese immer größer werdenden Schwierigkeiten musste der Betrieb teilweise eingeschränkt werden. Die Teilstrecken Niemannsweg - Bootshafen der Linie 3 und Kleinbahnhof - Hbf. der Linie 7 wurden eingestellt. Die Linien 1 und 8 wurden zusammengelegt und erhielten eine neue Linienführung: (Schulensee - Hbf. - Markt - Feldstr./Esmarchstr.), dafür wurde die Linie 4 von Wellingdorf zum Kanal geführt. Durch diese Maßnahmen war es möglich, bis Kriegsende den Betrieb weitestgehend aufrecht zu erhalten.
Mitten im Krieg, am 1. Juli 1942, wurde der Straßenbahnbetrieb von der Stadt Kiel übernommen und der seit 1938 existierenden Kieler Verkehrs - AG eingegliedert.

Der zum Kriegsende im Mai 1945 zum Erliegen kommende Verkehr wurde bereits am 21. Mai 1945 mit Genehmigung der Militärbehörde wieder aufgenommen. Bis zum Ende des Jahres 1946 war es der Werkstatt unter großer Improvisation gelungen, 67 Trieb- und 57 Beiwagen auf insgesamt 6 Straßenbahnlinien mit einer Länge von 28 km wieder einzusetzen. 1948 wurden bei der Straßenbahn 48,845 Mio Fahrgäste befördert, eine Zahl von der heute nur geträumt werden kann. (Zum Vergleich: 1970 beförderte die KVAG mit Straßenbahn, Bus und Schiff zusammen 42,8 Mio Fahrgäste)

Gespart werden musste schon damals, und so war die KVAG der erste Verkehrsbetrieb der Bundesrepublik, der 1952 den schaffnerlosen Betrieb auf der Straßenbahnlinie 2 einführte. Zwischen 1953 und 1956 baute die Werkstatt der KVAG neue Wagen auf. Diese waren so konstruiert, daß der Fahrer auch Fahrkarten verkaufen konnte und somit den Schaffner entbehrlich machte. Bis 1967 waren alle Fahrzeuge mit Funk ausgerüstet und auf schaffnerlosen Betrieb umgestellt.

Dem damaligen Trend der „autogerechten Stadt“ folgend verschwand eine Straßenbahnlinie nach der anderen. Zwar wurden 1950 die Linie 1 vom Düvelsbeker Weg bis zur Herthastraße verlängert, und 1955 noch die Strecke durch die Olshausenstraße zur „Neuen Universität“ für die Linie 2 gebaut, jedoch waren es aber auch die letzten Neubaustrecken der Kieler Straßenbahn.

Das Liniennetz wies 1955 noch 5 Straßenbahnlinien auf:
Linie 1 Wik/Herthastraße - Feldstr. - Brunswiker Str.- Hbf. - Hamburger Chaussee - Schulensee
Linie 2 Neue Universität - Olshausenstr. - Holtenauer Str. - Brunswiker Str. -
Andreas-Gayk-Str. - Hbf. - Ringstr. - Knooper Weg - Waitzstr. - Reventloubrücke
Linie 3 Hassee - Kirchhofallee - Ringstr. - Hbf. - Holstenbrücke - Exerzierplatz - Eckernförder Str. - Eichhof
Linie 4 Fähre Holtenau - Holtenauer Str. - Bergstr. - Hbf. - Augustenstr. - Werftstr. - Wellingdorf
Linie 7 Hasseldieksdamm - Wilhelmplatz - Rathausstr. - Holstenbrücke - Eisenbahndamm - Auguste-Victoria-Str.

Bereits am 5.10.1959 wurde die Teilstrecke der Linie 2 vom Hbf. zur Reventloubrücke von der neuen Omnibuslinie 8 übernommen. Der Wagenpark wurde noch einmal modernisiert: 1957/58 durch neue vierachsige Triebwagen und 1960/61 durch neue Gelenktriebwagen sowie gebrauchte Wagen aus Lübeck.
Dann aber ging es Schlag auf Schlag:
Die Straßenbahnlinie 7 wurde 1. September 1963 von der Linie 2 übernommen, und das Teilstück Holstenbrücke - Auguste-Victoria-Straße stillgelegt. Am 24. Mai 1965 fuhr die Straßenbahnlinie 3 das letzte Mal ins Depot. Der angebliche Grund: Die Bundesbahn verweigerte die Querung ihrer Schienen in Hassee, somit konnte die Linie nicht verlängert werden. Am 31. Januar 1967 traf es die Linie 1, der Grund hier: Beim Bau des Waldwiesenkreisels entschied man sich aus Kostengründen gegen die Aufnahme von Straßenbahngleisen. Und am 8. September 1969 musste die Straßenbahnlinie 2 dran glauben. Auch hier wurde die Weigerung der Bundesbahn zur Überquerung ihrer Gleise in Hasseldieksdamm zum Anlass genommen. Er verhinderte die Verlängerung nach Mettenhof Mit der Stillegungswelle verschwand auch 1968 der Betriebshof in der Wik. Der Betriebshof Gaarden mit seiner Hauptwerkstatt reichte für eine Straßenbahnlinie völlig aus.

1977 entschied dann die Ratsversammlung, mit der Verabschiedung des Generalverkehrsplans, die Stillegung der letzten Kieler Straßenbahn, der Linie 4. In den letzten verbliebenen 8 Jahren wurde viel über das für und wider diskutiert. Geholfen hat es dann aber wenig. Als dann am 4. Mai 1985 der letzte Zug (Tw 270 - 81) in den Betriebshof einrückte waren 104 Jahre Kieler Straßenbahngeschichte beendet worden.
Heute wird wieder über eine Wiedereinführung spekuliert. Sollte das zu erwartende Verkehrsgutachten der Verkehrs - Consult Karlsruhe ein Stadtbahnsystem vorschlagen (womit nicht nur die Politiker rechnen), bleibt nur zu hoffen, daß dieses Gutachten auch umgesetzt wird und nicht, wie so manch anderer Plan auch, wieder in den Schubladen verschwindet und zu Wahlen wieder hervorgeholt wird.
 
     
   

Die Straßenbahn in der Wik  
     
  Entwicklung der Linien und des Betriebshofes

Ein Beitrag von Jürgen Branat (FSK e.V.)


Die Hauptlinie, Linie 1 + 4 und A


Mit Beginn des elektrischen Zeitalters bei der Kieler Straßenbahn 1896 wurde die Hauptlinie (Liniennummern gab es zu dieser Zeit noch nicht) bis Belvedere verlängert und damit die Wik an das Netz angeschlossen. Erst 12 Jahre später, am 15. Mai 1908, wurde diese Linie dann weiter über die Holtenauer Straße bis zur Ecke Knorrstr. verlängert. 3 Monate später wurde der Betriebshof in der Hohenrade eröffnet. Die Endstelle der Linie 1 (ab 1908 hatte man den Linien Nummern gegeben) befand sich ebenfalls in der Hohenrade. In der eingleisigen Betriebshofzufahrt, in Höhe des heutigen Bunkers, befand sich ein Ausweichgleis. Hier konnte der Triebwagen um seinen Beiwagen herumfahren, vorne wieder ankoppeln und die Rückfahrt zur Waldwiese antreten.
Am 9. April 1925 wurde die Linie 1 dann endlich über die Schleusenstraße bis zum Kanal verlängert. Die Linie war damit durchgängig auf Wiker Gebiet zweigleisig ausgebaut. Gleichzeitig bedeutete diese Verlängerung die größte Ausdehnung des Kieler Straßenbahnnetzes auf rund 40 Kilometern.

Am 3. Juli 1944 übernahm die „neue“ Linie 4 Teile der Strecke der Linie 1. Es entstand die wohl allen bekannte Verbindung von der Fähre Holtenau nach Wellingdorf. Nur 6 Monate, von Mai bis November 1946, verkehrte eine Straßenbahnlinie A. Sie war als Verstärkung für die Linie 4 gedacht und fuhr vom Hbf. über die Holtenauer Str. bis zur Knorrstr. 1957 erhielt die Endstation Fähre Holtenau eine Wendeschleife, um die neuen Gelenkwagen auf der Linie 4 einsetzen zu können. Hier kreuzte auch ein Eisenbahngleis (von der Hafenbahn ins Kraftwerk) die Straßenbahngleise, auf dem die neuen Wagen per Eisenbahn aus Düsseldorf eintrafen und hier umgeladen wurden.

1896 fuhr auf der Prinz-Heinrich-Str. (so hieß die Holtenauer Str. damals) die erste Straßenbahn auf Wiker Gebiet. 89 Jahre später, am 5. Mai 1985 war dies auch die letzte Linie in der Wik und zugleich die letzte Straßenbahn in Kiel.


Die Linie 2, 7, 9 und die Schleife Belvedere

Nachdem 1908 die Linie 1 von Belvedere bis zur Knorrstr. verlängert wurde, dauerte es nur ein Jahr, bis die Schleife Belvedere wieder als Endstation genutzt wurde. Ab September 1909 endete die, vom Neumarkt (heute Rathausplatz) kommende Linie 7 hier. Allerdings wurde sie bereits nach 2 Jahren wieder eingestellt und auf Teilen durch die neue Linie 2 ersetzt. Die, auch als Ringlinie bezeichnete, „2“ verkehrte, mit einigen Unterbrechungen, von 1911 bis 1955 von der Reventloubrücke über Knooper Weg, Hbf., Brunswiker Str. und Prinz-Heinrich-Str. bis Belvedere.

Zwischen 1945 und 1953 übernahm, kriegsbedingt (die Feldstr. war nicht mehr befahrbar), die Linie 9 von Hassee bis Belvedere den Verkehr, die Linie 2 fuhr nur noch vom Hbf. zur Reventloubrücke. Als 1955 die Neubaustrecke zur Neuen Universität fertiggestellt wurde, bog die Linie 2 auf der Holtenauer Str. bereits an der Beseler Allee ab. Die Schleife Belvedere wurde nur noch zu besonderen Anlässen angefahren, wie z.B. betriebsbedingte Störungen oder Sonderfahrten. Auch für Einsatzwagen bei Holsteinspielen wurde sie noch benötigt.

Zu den Kieler Wochen 1971 + 1972 verkehrte eine sogenannte Kinderbahn vom Betriebshof Gaarden bis Belvedere. Am 12.7.1983 wurden die Weichen ausgebaut, und die Schienen zugeteert. Die Schleife aber ist bis heute sonst unverändert.


Die Linien 1 + 9 auf der Feldstr.

1910 wird die Linie 9 eröffnet, die von der Calvinstr. über Hbf., Schloßgarten bis zur Feldstr., Ecke Esmarchstr. verkehrte. Aber erst am 1. April 1935 erreichte sie die Wik mit der Endstation Düvelsbeker Weg. Da hier kein Platz für eine Wendeschleife vorhanden war baute man ein Gleisdreieck. Zum Wenden fuhren die Triebwagen in den Gleisstumpf in der Koesterallee und zurück durch das Waldstück in die Feldstr. Dieses Stück ist heute schon sehr weit zugewachsen, und nur Eingeweihte finden die Stelle noch. 1944 muß der Betrieb auf der Feldstr. kriegsbedingt eingestellt werden.

Im Januar 1949 übernimmt die Linie 1 Teile der Strecke der Linie 9 und fährt bereits wieder bis Feldstr./Ecke Lornsenstr. Bereit 10 Monate später, am 2. Oktober 1949 wird wieder die Wik erreicht mit der Endstation Düvelsbeker Weg. Und am 16. Juli 1950 wird die Schleife Wik/Herthastr. feierlich eröffnet. Dies war dann auch die letzte Neubaustrecke auf Wiker Gebiet. Es war aber auch die erste Strecke die wieder stillgelegt wurde. Am 1. Februar 1967 hieß es für die Linie 1 Abschied nehmen.


Der Betriebshof Wik

Es entstand eine sechsgleisige Wagenhalle mit einem zweigeschossigem Verwaltungs-, sowie verschiedenen Nebengebäuden. Er wurde am 1. August 1908 eröffnet, und war neben Rondeel und Gaarden das dritte Depot. Als 1939/40 der Wagenpark vergrößert wurde, reichte der Platz des Depots Wik nicht mehr aus. Man erweiterte ihn noch um eine Wagenhalle mit 8 Gleisen. Das Richtfest fand am 17. März 1939 statt. Die Festgäste wurden mit 2 Dreiwagenzügen zum Ausflugslokal an der Waldwiese gefahren.

Auf dem Ausweichgleis in der Straße Hohenrade, daß bis 1925 die Endstation für die Linie 1 war, wurden teilweise die „Verstärkungs-Beiwagen“ vom Betriebshofpersonal bereitgestellt. Alte Wiker werden sich noch sicherlich daran erinnern können.

Der Betriebshof Wik war die Heimat der Linien 1, 2, 3, 4 + 8. So gab es zum Beispiel auch Fahrten der Linie 3 von Hassee in die Wik, wenn die Triebwagen einrückten. Anscheinend nur für Ein- und Ausrückfahrten der Linie 1 (Herthastr. - Schulensee) war ein Gleis in der Knorrstr. gedacht. Noch heute sieht man die Haken der Oberleitung in den Hauswänden. Ob und wann dort ein Gleis gelegen hat kann uns vielleicht ein Leser berichten!!
Als 1968 nur noch die Straßenbahnlinien 2 + 4 übrig waren, wurde der Betriebshof am 1. Oktober 1968 geschlossen. Man riß die Gebäude ab. 1970 entstand auf dem Gelände das noch heute existierende Kaufhaus. Wenn man genau hinsieht, erkennt man noch die Lage der Gleise. Nur ein Oberleitungsmast hat bis heute überlebt.
 
     
   

Die Straßenbahn in der Holstenstraße  
     
  Entwicklung der Linien von der Pferdebahn- bis zur Nachkriegszeit

Ein Beitrag von Jürgen Branat (FSK e.V., 2006)


Die Holstenstraße zwischen 1881 und 1900


Bereits mit Einführung der Pferdebahn am 08.07.1881 führte die Strecke durch die „Holstenstraße“ und der „Vorstadt“ (ab 1901 auch Holstenstraße bezeichnet):

08.07.1881 Eröffnung der ersten Pferdebahnlinie in Kiel:
Depot Rondeel - Sophienblatt - Bahnhof (an der Klinke) - Klinke - Vorstadt - Wall - Prinzengarten - Dänische Straße - Markt - Holstenstraße - Vorstadt - Klinke - Bahnhof - Sophienblatt - Depot Rondeel.
Befahren wurde diese Linie nur in dieser Richtung.

Kurze Zeit später entsteht eine zweite Pferdebahnlinie. Der als Ringlinie bezeichnete Kurs wird ebenfalls durch die Holstenstraße geführt:

30.08.1881 Erstmals als Ringlinie betrieben:
Bahnhof - Klinke - Fleethörn - Muhliusstraße - Brunswiker Straße - Schloßgarten - Dänische Straße - Markt - Holstenstraße - Vorstadt - Klinke - Bahnhof.
Diese Linie verkehrte nur in dieser Richtung.

Eine ebenfalls 1881 eröffnete dritte Perdebahnlinie (Düsternbrooker Linie) führt ab 1889, bzw. 1890 auch durch die Vorstadt:

1890 Es erfolgt eine weitere Verlängerung Schloßgarten zum Wall, später geht es bis zum Bahnhof:
Bahnhof - Klinke - Vorstadt - Wall - Damenstraße - Wasserallee -
Düsternbrooker Weg - Seebadeanstalt.

Außer einigen Verlängerungen änderte sich lange Zeit wenig.
Ab 1896 erfolgte dann die Umstellung von der Pferdebahn auf die elektrische Straßenbahn. Als erstes fuhr die Hauptlinie (Liniennummern wurden erst 1908 eingeführt) elektrisch:

12.05.1896 Eröffnung der elektrifizierten Hauptlinie mit geänderter Linienführung und Verlängerung der bisherigen Pferdebahnlinie von Meltz Biergarten bis Belvedere:
Bahnhof - Klinke - Vorstadt - Holstenstraße - Markt - Dänische Straße - Schloßgarten - Brunswiker Straße - Holtenauer Straße - Belvedere.

Auch die Ringlinie wird auf den elektrischen Betrieb umgestellt und erhält dabei eine neue Linienführung:

24.05.1896 Eröffnung einer neuen, jetzt elektrischen, Ringlinie:
Bahnhof - Sophienblatt - Ringstraße - Untere Straße
(heutige Adelheidstraße) - Knooper Weg - Waitzstraße - Holtenauer Straße - Lornsenstraße - Feldstraße - Karlstraße - Muhliusstraße - Bergstraße - Lorentzendamm - Fleethörn - Vorstadt - Klinke - Bahnhof.

Bei der Umstellung der Düsternbrooker Linie auf den elektrischen Betrieb wird die Linienführung geändert. Die Abfahrt zur Seebadeanstalt erfolgt wieder ab Wall. Somit führt diese Linie nicht mehr durch die Vorstadt/Holstenstraße. Bis zur entgültigen Stillegung der später als 3 bezeichneten Linie 1965 kehrt sie nicht mehr auf die Holstenstraße zurück. Sie kreuzt später lediglich an der Holstenbrücke die Holstenstraße, auf der Strecke zur Seebadeanstalt/Niemannsweg, bzw. ab 1953 in Richtung Hassee.


Die Entwicklung zwischen 1900 und 1945

Nach der Verlängerung der Holstenstraße von der Schevenbrücke zum Ziegelteich werden auch die Straßenbahnlinien 1 + 2 1907 von der Klinke in den neuen Teil der Holstenstraße verlegt.

1909 wird der lang geforderte Neubau einer Brücke über den Kleinen Kiel vollendet. Jetzt war es möglich statt über die Fleethörn und den Lorentzendamm direkt über den Martensdamm zur Bergstraße zu fahren. Dadurch verkürzt sich die Fahrzeit erheblich:

13.09.1909 Durch den Neubau einer Brücke über den "Kleinen Kiel" wird die Linie 1 in der Linienführung geändert. Nunmehr:
Waldwiese - Hamburger Chaussee - Rondeel - Sophienblatt - Holstenstraße - Fleethörn - Willestraße - Martensdamm - Bergstraße - Dreiecksplatz - Holtenauer Straße bis zur Knorrstraße.

Nach und nach vergrößert sich das Liniennetz. Neue Linien entstehen, bestehende werden dadurch verändert:

13.09.1909 Eröffnung der Linie 7. Sie verläuft von:
Neumarkt - Fleethörn - Holstenstraße - Markt - Dänische Straße - Schloßgarten - Brunswiker Straße - Holtenauer Straße - Belvedere.

05.06.1910 Die Linie 2 wird verkürzt und der Ring unterbrochen. Sie führt jetzt nur noch vom:
Hauptbahnhof - Ringstraße - Untere Straße - Knooper Weg - Waitzstraße - Adolfstraße - Lornsenstraße/Ecke Feldstraße.
Den restlichen Linienweg übernimmt die neue Linie 9 mit folgendem Streckenverlauf:
Feldstraße/Ecke Esmarchstraße - Feldstraße - Karlstraße - Brunswiker Straße - Schloßgarten - Dänische Straße - Markt - Holstenstraße - Sophienblatt - Hauptbahnhof - Ringstraße - Kirchhofallee - Saarbrückenstraße/Ecke Calvinstraße.

20.06.1911 Die Linie 2 übernimmt Teile der Linie 7 (Neumarkt - Markt - Brunswiker Straße - Belvedere) die daraufhin eingestellt wird. Außerdem wird die Strecke von der Lornsenstraße zur Reventloubrücke verlängert. Mit der neuen Linienführung entsteht wieder eine Ringlinie:
Belvedere - Holtenauer Straße - Brunswiker Straße - Dänische Straße - Markt - Holstenstraße - Hauptbahnhof - Ringstraße - Knooper Weg - Waitzstraße - Lornsenstraße - Niemannsweg - Reventlouallee - Reventloubrücke.
An der Kreuzung Holtenauer Straße / Waitzstraße kreuzt die Linie 2 ihren eigenen Linienweg.

Die Freigabe der Gablenzbrücke für die Straßenbahn hat auch Auswirkungen auf den Linienweg der Linien 4 und 8, die vom Rathausplatz nach Gaarden und Wellingdorf fahren:

06.06.1914 Die bereits 1910 gebaute Gablenzbrücke über die Bahnanlagen des Hauptbahnhofes wird jetzt auch für die Straßenbahn freigegeben. Dadurch ergeben sich zahlreiche Änderungen einzelner Straßenbahnlinien. Die Linien 4 + 8 fahren jetzt:
Neumarkt - Willestraße - Holstenstraße - Sophienblatt - Hauptbahnhof - Gablenzbrücke - Gablenzstraße - Karlstal - Schulstraße - Augustenstraße - Kaiser Straße/Ecke Norddeutsche Straße.(Linie 4) sowie bis Wellingdorf (Linie 8).

1922 wird die Linie 4 zugunsten der Linie 8 eingestellt. Erst 1944 entsteht aus Gründen von Einsparungen eine neue Linie 4:

03.07.1944 Eine neue Linie 4 entsteht durch die Zusammenlegung der Linie 1 (Teilstück Kaiser-Wilhelm-Kanal bis Adolf-Hitler-Platz) und der Linie 8 (Adolf-Hitler-Platz bis Wellingdorf), die daraufhin ganz eingestellt wird:
Kaiser-Wilhelm-Kanal - Prinz-Heinrich-Straße - Holtenauer Straße - Dreiecksplatz - Bergstraße - Martensdamm - Willestraße - Fleethörn - Holstenstraße - Hauptbahnhof - Sophienblatt - Gablenzbrücke - Karlstal - Augustenstraße - Norddeutsche Straße - Werftstraße - Schönberger Straße - Wellingdorf.

Im April 1945 muss der gesamte Straßenbahnverkehr nach einem schweren Bombenangriff eingestellt werden.


Neubeginn und Umbruch der Holstenstraße

Nach und nach erwacht das Leben nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches. Die ersten Linien nehmen ihren Betrieb wieder auf:

20.07.1945 Die Linie 4 nimmt nach 3 Monaten den Betrieb zwischen dem Nord-Ostsee-Kanal und Betriebshof Gaarden über Dreiecksplatz - Bergstraße - Martensdamm - Willestraße - Fleethörn - Holstenstraße - Hauptbahnhof wieder auf.
24.07.1945 Wiederaufnahme des Verkehrs der Linie 1 von:
Schulensee - Hamburger Chaussee - Sophienblatt - Hauptbahnhof - Holstenstraße - Fleethörn - Rathausplatz.
24.07.1945 Die Straßenbahnlinie 9 nimmt ihren Betrieb mit folgendem Streckenverlauf wieder auf:
Markt - Holstenstraße - Sophienblatt - Hauptbahnhof - Ringstraße - Kirchhofallee - Saarbrückenstraße - Bahnhof Hassee.
13.03.1948 Nach 3 Jahren erreicht die Linie 2 wieder die Reventloubrücke. Die Linie beginnt jetzt bereits ab Rathausplatz. (Ab 1949 beginnt und endet die Linie wieder am Hbf):
Rathausplatz - Fleethörn - Holstenstraße - Sophienblatt - Hauptbahnhof - Ringstraße - Knooper Weg - Waitzstraße - Lornsenstraße - Reventloubrücke.
   
02.01.1949 Die durch Kriegseinwirkung völlig zerstörte Strecke der Linie 9 in der Feldstraße wird Stück für Stück wieder aufgebaut und jetzt von der Linie 1 befahren:
Schulensee - Hamburger Chaussee - Sophienblatt - Hauptbahnhof - Holstenstraße - Markt - Dänische Straße - Schloßgarten - Brunswiker Straße - Karlstraße - Feldstraße/Ecke Lornsenstraße. (ab 02.10.1949 bis Düvelsbeker Weg).

1950 beginnen umfangreiche Bauarbeiten. Um die Holstenstraße zur Fußgängerzone umzuwandeln muss zwischen Holstenbrücke und Ziegelteich erst eine Entlastungsstraße gebaut werden:

20.12.1950 Durch die Umgestaltung der Innenstadt, insbesondere durch den Neubau der „Neuen Straße“ (Andreas-Gayk-Straße), und die Umwandlung der Holstenstraße in die erste Fußgängerzone Deutschlands erhält die Straßenbahnlinie 4 eine neue Linienführung:
Nord-Ostsee-Kanal - Holtenauer Straße - Dreiecksplatz - Bergstraße - Holstenbrücke - Runder Platz - Neue Straße - Sophienblatt - Hauptbahnhof - Gaarden - Werftstraße - Wellingdorf.

Durch diese Bauarbeiten muss auch die Linie 7 umgeleitet werden:

28.08.1950 Die Streckenführung zum Hauptbahnhof wird geändert:
Rathausplatz - Fleethörn - Holstenstraße - Sophienblatt - Hauptbahnhof.
Der Streckenteil über Eisenbahndamm - Auguste-Viktoria-Straße bleibt ohne Verkehr.
   
20.12.1950 Erneute Streckenverlegung zum Hauptbahnhof:
Rathausplatz - Holstenbrücke - Runder Platz - Neue Straße - Sophienblatt - Hauptbahnhof.
   
30.04.1951 Die Linie 7 erhält ihre alte Streckenführung zurück:
Hasseldieksdamm - Wilhelmplatz - Möllingstraße - Rathausplatz -Holstenbrücke - Eisenbahndamm - Auguste-Viktoria-Straße (Hauptbahnhof).
Die Endhaltestelle befindet sich vor der Klinik Dr. Jenssen.

Bis 1953 verkehren damit nur noch die Linien 1, 2 und 9 durch die Holstenstraße:

20.05.1953 Die Straßenbahnlinie 9 wird eingestellt und von den Linie 2 (Belvedere - Brunswiker Straße - Markt - Hauptbahnhof - Waitzstraße - Reventloubrücke) und 3 (Bahnhof Hassee - Kirchhofallee - Hauptbahnhof - Wilhelmplatz - Eichhof) übernommen.
06.12.1953 Durch die Umwandlung der Holstenstraße in die erste Fußgängerzone Deutschlands erhält die Straßenbahnlinie 1 eine neue Linienführung:
Schulensee - Hamburger Chaussee - Rondeel - Sophienblatt - Hbf - Neue Straße - Runder Platz9 (heute Berliner Platz) - Wall - Pfaffenstraße - Schuhmacher Straße - Markt - Dänische Straße - Schloßgarten - Brunswiker Straße - Karlstraße - Feldstraße - Muthesius Werkschule (Wik/Herthastraße).

Auch die Straßenbahnlinie 2 erhält eine neue Linienführung:

  Belvedere - Holtenauer Straße - Brunswiker Straße - Schloßgarten - Dänische Straße - Markt - Schuhmacher Straße - Pfaffenstraße - Wall - Runder Platz (heute Berliner Platz) - Neue Straße - Sophienblatt - Hbf - Ringstraße - Reventloubrücke.

Damit ist die gesamte Holstenstraße „Straßenbahnfrei“. Sie wird lediglich an der Holstenbrücke noch gekreuzt. Hier lagen noch bis 1984 die letzten Reste der Schienen der Holstenstraße.


Die Linien im Überblick:

Straße
Linie
Zeitraum
Bemerkung
Holstenstraße
nicht immer in voller Länge
Pferdebahn
1
2
4
6
7

8
9
A
M

1881 - 1896
1896 - 1953
1901 - 1953
1914 - 1950
1950
1909 - 1911
1950
1914 - 1944
1910 - 1953
1946
1925


mit Unterbrechung 1910/11, 1923/24 u. 1945/48
mit Unterbrechung 1922/44 und 1945 (3 Mon.)


als Umleitung (4 Mon.)
mit Unterbrechung 1918/19
mit Unterbrechung 1945 (4 Mon.)1946 (2 Mon.)
(7 Mon.)
(5 Tage)
Vorstadt
(siehe auch unter Holstenstr.)
Pferdebahn
1
2
1881 - 1896
1896 - 1901
1896 - 1901
ab 1890 2 Linien
ab 1901 Holstenstraße


Quellen:

Linienchronik der Kieler Straßenbahn, 1988 FSK
Linienchronik der Kieler Straßenbahn, 2006 FSK (erweiterte Neuauflage, bisher unveröffentlicht)
     

 
     
   
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