Schienenreinigungswagen 353, im Jahr 2015 aus dem Dornröschenschlaf erwacht

Nach fast vier Jahren intensiver Bemühungen der KVAG für einen Schienenschleifwagen ging dieser im Frühjahr 1950 in Betrieb und machte schnell die Schienenreinigungskolonnen obsolet.
Der neue Arbeitstriebwagen der KVAG im grauen Farbkleid sah, der kubischen Außengestaltung nach, wie eine umgefallene Telefonzelle aus, die vermutlich für das Aussehen Pate stand. Doch Funktion ging vor Design, dazu kam die Rohstoffknappheit, unter der die gesamte Gesellschaft in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg zu leiden hatte.
Der solide Eindruck und die lange kontinuierliche Nutzung können im Rückblick nicht darüber hinwegtäuschen, dass das erste Einsatzjahrzehnt mit vielen Reparaturen einherging. Saugrohre, Zugbolzen, Verschlüsse und vieles mehr waren ständig zu reparieren oder zu ersetzen. Aber auch am Fahrgestell und Wagenkasten führte die Werkstatt nach den Aufzeichnungen im Hauptrevisionsbuch diverse Arbeiten wiederkehrend durch.

Durch die Begrenzung der Geschwindigkeit zum 1. Januar 1960 auf 25 km/h entging die KVAG den Anforderungen der Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung (BOStrab) und konnte so die Ausrüstung des Wagens mit Schienenbremsen umgehen. Mit der Einstellung von gleich drei Straßenbahnlinien in den 1960er Jahren, der Linie 3 (1965), der Linie 1 (1967) und der Linie 2 (1969), gingen die Einsätze und dementsprechend der Wartungsaufwand zurück. So vereinfachte die KVAG die Saugvorrichtung derart, dass der Wagen fortan ausschließlich als Einrichtungswagen seine Arbeit verrichtete.

Nach seinen letzten Einsätzen im Jahr 1985 kaufte das Kieler Stadt- und Schifffahrtsmuseum für einen Nettobetrag von 1,00 DM den Wagen und stellte ihn auf dem ehemaligen HDW-Gelände in Dietrichsdorf in einer Halle ab. Von hier ging der Wagen später an die Hörn in die Halle 400.
Den Wagen suchten mehrmals Randalierer in der Halle auf, die deutliche Spuren hinterließen. Sämtliche Fensterscheiben, Außenlampen und Scheinwerfer gingen zu Bruch und Teile „wanderten“ in unbekannte Hände (Fahr- und Bremskurbel, Türbeschläge …). Schließlich ließ das Museum den Wagen in eine Halle nach Wankendorf zwischen Kiel und Bad Segeberg überführen, wo er geschützt, aber unzugänglich im „Dornröschenschlaf“ bis in das Jahr 2015 verblieb.

Da das Kieler Museum den Mietvertrag für die Halle nicht verlängern wollte und sie bis zum Frühjahr 2015 zu räumen war, wandte sich das Museum an den Verein „Freunde der Straßenbahn, Kiel e. V.“ (FSK). Zusammen mit dem „Verein Verkehrsamateure und Museumsbahnen e.V.“ (VVM) beschäftigten sich bereits im Herbst 2014, nach einer vorausgegangenen Besichtigung, die Interessengruppen mit der möglichen Übernahme und erstellten hierzu ein Konzept mit einer ersten Kostenschätzung.

Am 7. August 2015 war es dann soweit. Ein Schwerlastkran hob den Wagen in Wankendorf auf einen Tieflager, mit dem es – vorbei an seinem alten Einsatzort in Kiel, dem Betriebshof Gaarden – an den Schönberger Strand ging. Wieder kam der Schwerlastkran zum Einsatz, der den Wagen auf die Gleise stellte. In den folgenden Wochen deckten die Vereinsmitglieder den Wagen mit einer Folie ab und begannen gleichzeitig mit dem Einbau der fehlenden oder beschädigten Teile, wie der Verglasung, einem Scheinwerfer und Ähnlichem. Aktuell steht der Wagen komplettiert geschützt in der Wagenhalle und wartet auf seine nächste Präsentationsfahrt.